Künstler aller Gattungen beschreiben ihre Werke häufig mit dem Zusatz, daß das fertige Werk keiner Planung entspringt, sondern sich den Weg durch den Künstler gesucht hat. Sigmund Freud sammelte mit Leidenschaft Figuren des Altertums und benutzte sie als Projektionsflächen für seelische Interpretationen. C. G. Jung integrierte sowohl die handwerkliche als auch die künstlerische Gestaltung offensiv in seinem therapeutischen Ansatz. Er selbst schuf unzählige Bilder und Grafiken, mit denen er seine eigenen seelischen Bewegungen ausdrückte, und er baute - mit eigenen Händen! – nahe seinem Wohnhaus sogar einen mittelalterlich anmutenden Gebäudekomplex, den „Turm von Bollingen“.
Er tat dies nicht zum reinen Zeitvertreib. Dieser „Turm“ symbolisierte für ihn seine Verbundenheit mit der Erde, mit grundlegenden menschlichen Bedürfnissen wie Suche nach Schutz und Ruhe. Indem er dem Turm weitere Gebäude folgen ließ, stand der Komplex irgendwann auch symbolisch für C. G. Jungs eigene Seele. Die seelischen Räume, die er in sich selbst entdeckte, fanden ihre materielle Entsprechung in der baulichen Anlage, die auch dadurch bemerkenswert wird, daß keine klassischen Geometrien gebaut wurden, sondern ein verwinkeltes Konglomerat entstand – intuitivIntuition bedeutet eine im Ergebnis richtige, aber nicht-kausale Schlußfolgerung. und damit der menschlichen Seele entsprechend.
Die künstlerische Arbeit in der Psychotherapie hat nichts – oder nur sekundär – mit Schönheit oder handwerklicher Präzision zu tun. Für viele Personen ist es schwierig, das Unbewußte zu Wort kommen zu lassen. Ein Stück Kreide oder ein Stift in der Hand können in einem solchen Fall ein Eigenleben entwickeln und einen Strich, eine Farbe oder irgendwann sogar ein Bild aufs Papier bringen. Was immer es ist: Es entspringt einer inneren Bewegung! Im therapeutischen Gespräch lassen sich – ausgehend vom Werk – diese inneren Bewegungen erkennen und es wird möglich, Worte dafür zu finden. Auf diese Weise tritt die Person mit ihrem Unbewußten in Kontakt. Die Aufmerksamkeit für Ungesagtes wird erhöht, das Ausdrucksspektrum erweitert.
In meiner psychotherapeutischen Praxis räume ich den kreativen Impulsen großen Raum ein! Jeder Klient ist eingeladen, Dinge, die für ihn symbolische Bedeutung haben, zum Gesprächsinhalt werden zu lassen: Dies können Bilder sein, aber auch Musikstücke, Filme oder Filmsequenzen und natürlich selbst gefertigte Objekte. In der therapeutischen Interaktion nähern wir uns den tieferen Ebenen von Inhalt und Ausdruck dieser Werke an.